Definition einer „virtuellen“ Bande im Internet bzw. Darknet

Berlin, 08.06.2016

Die Gerichte müssen sich in der näheren Vergangenheit mit Begrifflichkeiten auseinandersetzen, die jahrelang in der „realen“ Welt als klar definiert galten. Interessant ist hier im Bereich des Darknet die Begrifflichkeit der Bande. Für den Beschuldigten macht es einen großen Unterschied, ob er wegen bandenmäßiger Begehung angeklagt wird, oder aber als Einzeltäter klassifiziert wird. Entweder, man wandert Jahre ein, oder aber man kommt mit einer Geldstrafe davon.

Um also den Begriff der Bande im Darknet zu definieren, muss man bis ins Jahr 2012 zurück:

In einem bislang wenig beachteten Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) damals entschieden, dass anonymes Tätigwerden unter falschem Namen in einem Internet-Forum für eine bandenmäßige Begehung ausreichen kann – denn für die sog. Bandenabrede sei nicht erforderlich, dass sich alle Bandenmitglieder persönlich miteinander verabreden oder einander kennen. Diese Entscheidung soll für diesen Artikel der Ausgangspunkt sein, sich noch einmal mit den allgemeinen Voraussetzungen und Hintergründen einer Bandenqualifikation zu beschäftigen.

Um der Begrifflichkeit der Bande im Sinne des StGB bzw. BtMG zu genügen, ist der Zusammenschluss von mindestens drei Personen erforderlich, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen. Das war es dann aber auch schon, der Bandebegriff  verlangt keine weiteren objektiven Voraussetzungen. Das treibt den Betroffenen in der Regel schon in den Wahnsinn, de es sich um eine sehr weitgehende Definition handelt. Das bedeutet, dass weder eine kriminelle Vereinigung noch eine „mafiaähnliche“ Organisation mit interner Arbeitsteilung erforderlich ist. Es ist auch kein „gefestigter Bandenwille“ im übergeordneten Interesse erforderlich, ausreichend ist eine lediglich zweckhafte Verbindung, die darauf gerichtet ist, wiederholt Straftaten zu begehen, wobei diese hinsichtlich Tatzeit und Tatort noch nicht mal weiter konkretisiert sein müssen. Es ist nicht notwendig, dass sich jedes Bandenmitglied an jedem einzelnen Bandendelikt beteiligen möchte.

Allein diese Definition zeigt uns noch keine Besonderheiten im Hinblick auf das Darknet und die „virtuelle“ Bande auf. Aber spannend wird es bei folgender Ausführung des Senates:

Jedenfalls für den Fall, dass die Bande von vornherein eine Organisation aufweist, in der es auf die konkrete Person des Mitwirkenden nicht ankommt, ist es ausreichend, wenn ein Außenstehender sich bloß in die Bandentätigkeit „einpasst“, und zwar auch für den Fall, dass die (übrigen) Mitglieder hiervon keine Kenntnis erlangen. Die Bandenabrede setzt nämlich nach der Rechtsprechung nicht voraus, dass sich alle Mitglieder einer bandenmäßig organisierten Gruppe persönlich miteinander verabreden oder einander kennen.

Was bedeutet das für die „virtuelle“ Bande?

Es ist zu vermuten, dass die bisherige Rechtsprechung zum Bandenbegriff in Zukunft konsequent auf den virtuellen Raum übertragen wird. Man kann davon ausgehen, dass ein Exempel dafür statuiert werden soll, dass es keine Auswirkung auf die Strafbarkeit haben kann, wenn Täter das Internet zur Tatbegehung heranziehen. Es wird also nicht zu erwarten sein, dass die Gerichte den Bandenbegriff in der virtuellen Welt als Rechtsgeschichte behandeln, sondern sich vielmehr dem Wandel der Zeit anpassen und damit den kriminellen Verhaltensweisen in der virtuellen Welt begegnet werden soll.

Abschließend sei angemerkt, dass die Verteidigung in solchen Fällen jedoch nicht tatenlos zusehen darf, die die Schablone des Bandenbegriffs ohne weitere Prüfung übertragen wird. Interessant könnte es werden, wenn es im Darknet gänzlich an einem persönlichen Kontakt der Beteiligten fehlt, weil die Kommunikation vollständig über das Internet erfolgt ist. Dieser kleine aber feine Unterschied ergibt sich nämlich im Hinblick auf die Rechtsprechung aus dem Jahre 2012. Eine persönliche Bekanntschaft lag hier jedenfalls teilweise vor, so dass man diese Hürde problemlos nehmen konnte. Das wird sich aber nicht pauschal übertragen lassen auf Fälle des Drogenhandels im Internet.