08.11.2016: Bundesgerichtshof setzt Grenzwert der nicht geringen Menge für getrocknete Schlafmohnkapseln fest

Schlafmohnkapseln

Schlafmohnkapseln erfreuen sich in manchen Kreisen großer Beliebtheit, insofern ist nachfolgendes Urteil des Bundesgerichtshofes ganz interessant. Vielleicht sollte man aber zunächst erklären, worum es sich handelt:

Schlafmohn ist eine Pflanzenart aus der Familie der Mohngewächse, die aus dem östlichen Mittelmeerraum stammt. Der Samen kann als Nahrungsmittel sowie zur Ölgewinnung verwendet werden. Der Schlafmohn anisch enthält Alkaloide, in hoher Konzentration vor allem der Milchsaft, der in einem Netz von Milchröhren die ganze Pflanze und insbesondere das Perikarp der Fruchtkapsel durchzieht. Dieser Saft kann geerntet werden und bildet in getrockneter Form das Rauschgift Opium.

Urteil vom 8. November 2016 – 1 StR 492/15

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat eine Grenzwertfestsetzung beanstandet, weil das Landgericht nicht berücksichtigt hat, dass die durchschnittlichen Verbrauchsportionen völlig unterschiedlich sind. Nach Anhörung von zwei Sachverständigen setzt der Senat nunmehr den Grenzwert der nicht geringen Menge für getrocknete Schlafmohnkapseln auf eine Wirkstoffmenge von 70 Gramm Morphinhydrochlorid fest. Diese Festsetzung entspricht den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Gefährdungspotential des in getrockneten Schlafmohnkapseln enthaltenen Morphins im Vergleich zu intravenös injizierten Morphinzubereitungen, für die der Senat mit Urteil vom 22. Dezember 1987 (1 StR 612/87) den Grenzwert der nicht geringen Menge auf 4,5 Gramm Morphinhydrochlorid festgesetzt hat.

Was bedeutet das für die Praxis?

Das Landgericht hat den Grenzwert der nicht geringen Menge entsprechend zu Opium bestimmt und rechtsfehlerhaft auf 6 Gramm Morphinhydrochlorid festgelegt. Da es sich in der Regel um sehr komplizierte Rechtsfragen bei dem Tatvorwurf BtM Verstoss handelt, sollte man sich als Beschuldigter immer anwaltlich vertreten lassen, um eben solchen Fehlern vorzubeugen.

Gerichte sind nicht überall derart besetzt, dass sich die Richter ausschließlich mit dem Betäubungsmittelstrafrecht beschäftigen. Hier muss man als Anwalt die Initiative ergreifen und auf die Verfahrensbeteiligten zugehen. Im Gespräch kann man oftmals die Weichen derart stellen, dass auf den Beschuldigten keine bösen Überraschungen warten.

Zum nachlesen: Mitteilung der Pressestelle BGH