Handel mit Betäubungsmitteln (BtM) in nicht geringer Menge – Berücksichtigung des Eigenkonsums
Berlin, 25.10.2016
Über einen Klassiker wurde erneut in Hamburg entschieden. Es geht im wesentlichen um den Tatvorwurf Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge , § 29 a BtMG. Die Entscheidung muss jedem Strafverteidiger im Bereich BtM Verstoss bekannt sein, wiederholt sie doch nochmal die Grundsätze der Urteilsfindung im Hinblick auf den Vortrag des Eigenkonsums.
Der Reihe nach:
Der Angeklagte war wegen Handel mit Betaäubungsmittel in nicht geringer Menge angeklagt. Das Landgericht geht entgegen der Einlassung des Angeklagten davon aus, dass er selbst nur in geringem Maße Marihuana konsumiert hat und hält am Vorwurf des Handeltreibens für die Gesamtmenge fest. Das Gericht würdigt nicht, was zumindest auf den auch vom LG angenommenen „geringen Eigenkonsum“ entfallen war. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung aufgehoben. Dabei wird nachfolgender Aspekt angesprochen:
Die fehlende nähere Einordnung der Größenordnung der auf den danach nicht ausgeschlossenen und damit zu Gunsten des Angeklagten angenommenen Eigenkonsum entfallenden Betäubungsmittelmenge betrifft vorliegend außer dem Schuldspruch auch die Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Fall sowie die Bemessung von Einzelstrafen und Gesamtstrafe….“
Dieses Problem läuft uns häufiger über den Weg, gerade wenn man für den mandanten einen exzessiven Eigenkonsum vorträgt. Das werten die Gerichte oftmals als oberflächliche Schutzbehauptung und gehen nicht näher auf diese Argumenbtation ein. So auch im vorliegenden Fall:
Allerdings hat es nach den zur Sache und zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten getroffenen Feststellungen sowie den zugehörigen Beweiswürdigungserwägungen nicht jeglichen Eigenkonsum, sondern nur den von dem Angeklagten behaupteten exzessiven Konsum als widerlegt angesehen und bei der zur Strafrahmenbestimmung bei Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG vorzunehmenden und vorgenommenen Gesamtabwägung der für und gegen die Annahme eines minder schweren Falles sprechenden Zumessungsgesichtspunkte sowie erneut bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe zu Gunsten des Angeklagten gewertet, das möglicherweise „die Hemmschwelle zur Begehung der Taten durch eigenen geringen Drogenkonsum herabgesetzt“ war.
Was bedeutet das für die Praxis?
Es stellt sich für jeden Strafverteidiger immer die Frage, wie man den Eigenkonsum in das Strafverfahren einbringt. Man darf nicht den Eindruck erwecken, dass man den Tatvorwurf verharmlosen möchte, andererseits muss man auf eine ordnungsgemäße Berücksichtigung im Hinblick auf den minder schweren Fall hinwirken.
Unserer Ansicht nach ist hier immer Fingerspitzengefühl gefragt. Oftmals kann man durch Vorgespräche mit dem Gericht viele Hindernisse aus dem Weg räumen, ohne dem Gericht zu sehr „auf die Pelle zu rücken“ – schließlich obliegt es ja dem Tatrichter, die endgültige Einschätzung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen.