Decknamen bei Haschischlieferungen führen trotzdem zu Verurteilungen

Berlin, 19.05.2016

Ein Strafverfahren vor dem Landgericht Koblenz musste revisionsrechtlich überprüft werden, weil sich die Frage gestellt hat, wie man mit Decknamen im Rahmen von Haschischlieferungen umgehen soll. Überdies spielte – wie fast immer – die Begrifflichkeit „minder schwerer Fall“ eine Rolle.

Im Ergebnis wurde die Revisionen der Angeklagten als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.

Ergänzend zu den insoweit schweigenden Antragsschriften des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

1. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten mit den in ihrer Kommunikation untereinander verwendeten Begriffen „Reifen“, „Rad“ und „Kollega“ jeweils eine bestimmte vom Angeklagten E.an den Angeklagten G.zu liefernde Menge Haschisch bezeichnet, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Das Landgericht schließt dies nachvollziehbar aus dem zumeist unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang der Gespräche mit Betäubungsmittellieferungen des Angeklagten G. an einen Abnehmer sowie daraus, dass bei dergestalt wiederholter Bestellung von Kfz-Zubehör eine nähere Spezifizierung zu erwarten gewesen wäre. Entgegen der Ansicht der Revision des Angeklagten G. setzt sich das Landgericht in diesem Zusammenhang hinreichend damit auseinander, dass dieser – mit einem Dritten tatsächlich auch Gespräche über den Bezug von Pkw-Reifen führte. Hier war ein auszustattendes Fahrzeug konkret benannt; die Gesprächspartner erörterten Qualität und Preis der Marken verschiedener Hersteller.

2. Unbegründet ist auch die Rüge des Angeklagten G., das Landgericht hätte bei dessen Betäubungsmittelgeschäften mit einer Vertrauensperson der Polizei bzw. mit Verdeckten Ermittlern (Fälle II. 3. 69 und 75/79 der Urteilsgründe) zu minder schweren Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gelangen müssen. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die von den verdeckten Maßnahmen ausgehenden Tatanreize angesichts der bereits bestehenden erheblichen Verstrickung des Angeklagten in den Betäubungsmittelhandel nicht derart schwer wogen, dass die Annahme minder schwerer Fälle gerechtfertigt wäre. Dass der Angeklagte im Falle 75/79 nicht nur – den Umfang seiner sonstigen Geschäfte nicht wesentlich übersteigende – Einzellieferungen von bis zu 1 kg Amphetamin aus einem einheitlichen Vorrat veranlasste, sondern mit seinen Gesprächspartnern auch eine weitere Lieferung von 15 kg Amphetamin für 25.000 € vereinbarte, hat das Landgericht bei der Bemessung der Strafe ersichtlich unberücksichtigt gelassen.

Gerichte lassen sich nicht für dumm verkaufen, was gerade in diesem Fall einer Haschischlieferung deutlich wurde. In den Urteilsgründen formuliert das das Gericht natürlich nicht so deutlich, zeigt aber dem Angeklagten oftmals die Grenzen auf. Maßstab ist dabei immer wieder die allgemeine Lebenserfahrung. In dem vorliegendem Fall setzte man sich in der Tat mit der Bestellung von Reifen auseinander, und wie dies in der Regel geschieht. Stolpert man man über die Handhabung der Beteiligten, liegt der Verdacht nahe, dass es sich nur um Decknamen handelt.

Im Hinblick auf den minder schweren Fall bleibt nicht viel zu sagen. Sind die Urteilsgründe gut formuliert, bleibt der Verteidigung nicht viel Angriffsfläche übrig. Nach unserer Überzeugung muss man dieses Thema bereits im Rahmen der Hauptverhandlung mit Nachdruck ansprechen.